Deutsche Unterstützung für Drachenfrüchteanbau

Unweit der weltbekannten Tempelanlage Angkor Wat in der Landesmitte Kambodschas befindet sich ein kleines Dorfzentrum mit Wohnhäusern und Gemeinschaftsräumen für etwa 50 alleinstehende Frauen und bedürftige Kinder. Die zum Projekt gehörenden Felder, die vorwiegend zum Anbau von Drachenfrüchten genutzt werden, erhielten jetzt Dank der gemeinnützigen Organisation Ingenieure ohne Grenzen sowie durch Unterstützung der Firma aquatechnik aus Neuenkirchen eine Bewässerungsanlage.

 Wer den Blick auf die Niederschlagsmengen wirft, die in der Provinzhauptstadt Siem Reap unweit der Tempelanlage Angkor Wat fallen, könnte meinen, eine Bewässerungsanlage sei nicht notwendig. Denn durchschnittlich fallen dort rund 1.500 Millimeter Regen pro Jahr. Allerdings muss bedacht werden, wie sich der Niederschlag im Jahresverlauf verteilt. Im südostasiatischen Kambodscha herrscht sogenanntes Monsunklima. Das heißt, die Niederschläge werden von den Monsunen bestimmt; von Mai bis Oktober weht der feuchte Südwestmonsun und bringt Regen, im restlichen Jahr bringen Nordostwinde trockene Kontinentalluft. So fällt im Januar nur zirka ein Millimeter Regen. Dabei liegen die Tageshöchsttemperaturen jedoch ganzjährig bei rund 30° Celsius.

Diesen klimatischen Herausforderungen müssen sich auch die 50 alleinstehenden Frauen und ihre Kinder stellen, die in einem kleinen Dorf vor den Toren Siem Reaps leben. Das Zentrum wurde vor ungefähr zehn Jahren vom kambodschanisch-deutschen Verein Congkem Thmey - Neue Hoffnung ins Leben gerufen. Seit der Gründung sind zehn Holzhäuser für die Bewohnerinnen entstanden, zudem wurden eine Schule sowie gemeinschaftliche Sanitäreinrichtungen gebaut. Die Frauen erhalten eine monatliche Basisunterstützung und leben zudem vom Ertrag ihrer Gärten. Weiterhin bekommen sie einen Lohn, den sie durch ihre Arbeit im Landwirtschaftsprojekt des Vereins verdienen.

Damit wird deutlich: Die Haupteinnahmequelle für das Dorfzentrum sind die landwirtschaftlichen und gärtnerischen Tätigkeiten. Neben dem Anbau von Feldfrüchten für den Eigenverzehr ist es vor allem die Drachenfrucht, der besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auf rund zwei Hektar Fläche stehen 800 knapp zwei Meter großen Drachenfruchtbäume. Als Drachenfrucht, auch Pitahaya oder Pitaya genannt, bezeichnet man die Frucht bestimmter aus Mittelamerika stammender Hylocereus- und Selenicereus-Arten aus der Familie der Kakteengewächse. Drachenfrüchte werden vorwiegend in Nicaragua, der Volksrepublik China, in Israel, in Vietnam und in Kambodscha angebaut. Sie bestehen zu 90 Prozent aus Wasser und enthalten viel Eisen, Kalzium und Phosphor. Die äußere Farbe ist rot oder gelb, sie werden rund zehn Zentimeter groß. Ihr Geschmack ähnelt grob der Kiwi, ist jedoch nicht so intensiv. Drachenfrüchte lassen sich in Kambodscha sehr gut verkaufen, auf regionalen Märkten werden bis zu zwei US-Dollar für das Kilo erzielt. Aber leider haben die in 28 Reihen angepflanzten Bäume des Dorfzentrums in der Saison 2014 nur eine Ernte von 250 Drachenfrüchten erzielt. Dabei ist ein Ertrag von vier bis acht Früchten pro Baum zu erwarten.

Bei der Ursachenforschung, warum in den letzten Jahren die Drachenfrucht-Ernte so gering ausgefallen war, wurde sich im Dorf auch mit dem Thema Wasserversorgung beschäftigt. Glückliche Fügung, dass zeitgleich eine der deutschen Gründerinnen des Vereins Congkem Thmey - Neue Hoffnung mit der Regionalgruppe Frankfurt der gemeinnützigen Non-Profit-Organisation Ingenieure ohne Grenzen e.V. in Kontakt kam. Dazu Manfred Mendler aus Frankfurt: "Wir lernten das Kambodscha-Projekt unmittelbar nach der Gründung unserer Regionalgruppe Frankfurt Mitte 2012 kennen. Und merkten sofort, dass hier unsere Unterstützung dringend gefragt ist."

Deutsche Hilfe für Kambodscha

Ingenieure ohne Grenzen ist ein unabhängiger Verein, der weltweit ingenieurwissenschaftliche Arbeit leistet. Seine Mitglieder lösen akute technische Probleme in Entwicklungsländern und helfen durch Wissenstransfer anderen Hilfsorganisationen und Bedürftigen vor Ort. Manfred Mendler ist gelernter Verfahrensingenieur und arbeitet für einen großen Pharmakonzern. In seiner Freizeit engagiert er sich in der Regionalgruppe Frankfurt, die aktuell knapp 30 Mitglieder hat. Für das Dorfzentrum in der Nähe von Siem Reap wurde von den Ehrenamtlichen ein Projekt mit einem Volumen von 17.000 Euro auf die Beine gestellt, das sich ausschließlich aus Spendengeldern finanziert.

Bei dem Hilfsprojekt von Ingenieure ohne Grenzen, das im ersten Schritt bis zum Frühjahr 2015 dauern soll, geht es vor allem um die Verbesserung der Infrastruktur im Dorf. So wurde gemeinsam mit dem regionalen Partner Congkem Thmey - Neue Hoffnung e.V. ein Energiekonzept entwickelt. Im Ergebnis wird die Stromversorgung jetzt durch den Einsatz zweier Solar-Heim-Systeme für die Schule sowie einer Fotovoltaik-Anlage für die Wasserpumpe gewährleistet. Der veraltete Dieselgenerator, der früher den Strom erzeugte, aber aufgrund steigender Treibstoffpreise und hoher Kosten für Wartung sowie Reparatur eine immense finanzielle Belastung für die Einwohner darstellte, konnte abgeschaltet werden. Mit dem Solarstrom können nun effizient Laptops mit Lernprogrammen in der Dorfschule betrieben werden, zudem werden zwei Ventilatoren zur Kühlung des Schulraumes mit Energie versorgt und die Wasserpumpe angetrieben.

Der Solarstrom wird aber auch benötigt, um die von den deutschen Ingenieuren neu installierte Tauchpumpe anzutreiben. Diese Pumpe sorgt zum einen für ausreichend Trinkwasser für die Dorfbewohner und ihre Haustiere, vor allem aber ist sie Grundvoraussetzung für eine funktionierende Bewässerungsanlage. Manfred Mendler: "Gern haben wir uns neben der unzureichenden Energieversorgung auch dem Problem der stagnierenden Erntemengen bei den Drachenfrüchten angenommen. Einer der Ansatzpunkte war für uns deshalb die Installation einer Bewässerungsanlage.“

aquatechnik stiftete Bewässerungskomponenten

Ende Oktober 2014 machte sich der Frankfurter in Begleitung von zwei anderen Mitgliedern seiner Regionalgruppe auf die Reise nach Kambodscha. Zuvor war allerdings einiges in Deutschland vorzubereiten und notwendige Materialien möglichst kostengünstig zu besorgen. Besonders gern erinnert sich Manfred Mendler an die Zusammenarbeit mit Michael Schraeder, auf dessen Unternehmen aquatechnik, Fachhandel für Bewässerungsbedarf, er bei einer Internetrecherche aufmerksam geworden war. "Ich habe Herrn Schraeder grob das Projekt beschrieben, ihm eine Liste der Komponenten zugesandt, die wir für Kambodscha benötigten, und ihn anschließend um eine Preisauskunft gebeten. Bald darauf erhielt ich die Nachricht, dass zwei Paletten Bewässerungszubehör für das Projekt nach Frankfurt versandt wurden. Und von Herrn Schraeder kam der kurze Hinweis, dass er die Materialien gern spenden möchte. Ich war schon sehr erstaunt über so viel Großzügigkeit." Neben den angeforderten Einzelteilen hatte der Bewässerungsexperte auch das notwendige Werkzeug zur Installation, wie Entgrater und Schlauchtrenner,  sowie einige Ersatzteile beigelegt.

Dank der wertvollen Spende ging die Vorbereitung des Einsatzes dann doch schneller als gedacht und die dreiwöchige Arbeit vor Ort in Kambodscha konnte zügig beginnen. Selbstverständlich wurden die heimischen Bewohnerinnen und auch die Kinder in das Projekt eingebunden. Die Gesamtanbaufläche der Drachenfrüchte wurde in drei gleich große Teile untergliedert. Jeder dieser drei Abschnitte erhielt einen Kreislauf mit einer Tröpfchenbewässerung für rund 270 Bäume. Pro laufenden Meter gibt es jetzt drei Tropfstellen, die jeweils 0,6 Liter Wasser pro Stunde abgeben. Um das System dauerhaft betriebsfähig zu halten und Verschmutzungen zu vermeiden, wurde ein ebenfalls von aquatechnik zur Verfügung gestellter Eingangsfilter installiert. Ebenso notwendig ist ein Druckreduzierer, da die neue Tauchpumpe einen Druck von drei Bar aufbaut, die Tröpfchenbewässerung allerdings nur mit einem Bar Druck betrieben wird. Für deutsche Verhältnisse undenkbar, aber den baulichen Engpässen des Dorfprojektes geschuldet: Es gibt keinen Ausgleichsbehälter für das Wasser und auch kein Speichermedium für den elektrischen Strom. Das heißt, wenn die Sonne scheint, dann wird Strom erzeugt. Und wenn Strom im Leitungsnetz vorhanden ist, dann läuft auch die Tauchpumpe. Und wenn die Pumpe fördert, dann wird auch bewässert. Allerdings wurde das Wassersystem so aufgebaut, dass die Pumpe manuell abgestellt werden kann bzw. das geförderte Wasser umgeleitet und nicht der Bewässerungsanlage zugeführt wird.

Einfaches System bringt Vorteile

Manfred Mendler fasst zusammen: "Natürlich handelt es sich bei der im Dorfprojekt in der Nähe von Siem Reap installierten Bewässerungsanlage um ein sehr einfaches System. Aber genau das soll es ja auch sein. Zum einen müssen die Bewohner vor Ort die Arbeitsweise der Anlage verstehen, zum anderen sollen die Wartungsarbeiten und die möglichen Fehlerquellen bei der Benutzung so gering wie möglich gehalten werden. Ich denke, wir haben mit der Unterstützung von aquatechnik ein sinnvolles Hilfsprojekt in Kambodscha durchgeführt, das auch nachhaltig wirken wird. Schief gehen kann eigentlich nichts mehr, denn schließlich waren vor der Inbetriebnahme drei Mönche eines benachbartes Klosters im Dorf. Und nachdem sie mit köstlichen Speisen bewirtet wurden, haben sie der neuen Bewässerungsanlage für die Drachenfrüchte den göttlichen Segen erteilt."